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Cornelia Schneider ist Geschäftsführerin des Trainings- und Beratungsinstituts GGW Homburg. Kontakt: cornelia. schneider@ggw-homburg.de

Leadership im Generationen-Mix:
„Führungskräfte müssen ihre Vorurteile über Bord werfen“


Der Chef ist Anfang dreißig, sein jüngster Mitarbeiter gerade mal 23, der Älteste im Team schon 65. So ein Team kann aufgrund seiner Diversität grandios scheitern, es kann aber auch zu Höchstleistungen auflaufen. Die Psychologin und Unternehmensberaterin Cor­nelia Schneider erklärt, unter welchen Leadership­Voraussetzungen Letzteres der Fall ist.




In heutigen Teams sind die Altersspannen oft sehr groß: Mitarbeiter im Alter von Mitte zwanzig treffen auf Kollegen weit über sechzig: Vor welche Herausforderungen stellt das die Führungskraft?

Die Führungskraft muss die unterschiedlichen Überzeugungen, Werte und Arbeitsstile, die in solchen Teams aufeinanderprallen, synchronisieren. Wir wissen aus der Forschung, dass altersgemischte Teams nicht prinzipiell leistungsstärker sind als altershomogene Teams. Sie entfalten ihre besondere Stärke nur dann, wenn sich die Generationen gegenseitig wertschätzen.

Und das ist nicht selbstverständlich?

Nein. Wir leben in einer Gesellschaft, in der es noch viele stereotype Bilder über das Alter gibt. Auch viele Führungskräfte teilen diese Vorurteile. Sie glauben, Mitarbeiter über 50 seien nur schwer zu motivieren und weniger leistungsfähig als jüngere. Leider wird das oft zur selbsterfüllenden Prophezeiung. Demotiviert durch die fehlende Wertschätzung, nehmen sich die Älteren irgendwann tatsächlich zurück. Fakt ist aber: Es gibt keine signifikanten Unterschiede zwischen der Begeisterungsfähigkeit von älteren und jüngeren Arbeitnehmern. Auch Leistungsdifferenzen sind innerhalb einer Altersgruppe nachweislich größer als zwischen den Altersgruppen – zumindest in Berufen, in denen körper-lich nicht schwer gearbeitet wird.

Sollten Führungskräfte das Alter ihrer Mitarbeiter also besser ignorieren?

Sie sollten sich jedenfalls vom pauschalen Blick auf das kalendarische Alter verabschieden. Denn dieses hat kaum Aussagekraft über Engagement und Leistung eines Mitarbeiters. Und sie müssen ihr eigenes, oft stereotypes Bild vom Älterwerden revidieren. Viele Firmen bieten ihren Führungskräften bereits Seminare an, in denen sie ihren eigenen Alterungsprozess und die damit verbundenen Entwicklungs-möglichkeiten reflektieren können. Hier bietet sich Führungskräften, die bisher vorurteilsvoll auf das Älterwerden geblickt haben, die Gelegenheit, ihre Sichtweise zu korrigieren. Trotzdem dürfen Führungs-kräfte nicht ignorieren, dass es biologische und psychomentale Veränderungsprozesse in verschiedenen Lebensphasen gibt. Damit ihre Mitarbeiter in allen Lebensphasen zur Bestform auflaufen, müssen sie berücksichtigen, dass sich deren Bedürfnisse und Stär-ken über die Lebensspanne hinweg ändern können.

Und was können Führungskräfte dafür tun, damit ihre jungen und alten Mitarbeiter in einem Team produktiv zusammenarbeiten?

Wichtig ist, das Thema Alter anzusprechen. Die Teammitglieder müssen ihre unterschiedlichen Haltungen offen darlegen und darüber diskutieren. So lernen sie, Unterschiede in den Perspektiven und in den Fähigkeiten der Generationen zu verstehen und wertzuschätzen. Außerdem ist es wichtig, dass sich die Führungskraft eines altersgemischten Teams jeder sich anbahnenden Altersdiskriminierung sofort entgegenstellt. Doch das Thema Altersdiversität darf nicht nur auf die einzelne Führungskraft abgewälzt werden, es muss sich auch auf Unternehmensebene wieder-finden: Altersdiversität ist ein Thema ebenso für die Personalabteilungen wie auch die Unternehmenskommunikation.

Das Interview führte Sylvia Jumpertz


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