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Krisengespräche erfolgreich meistern. Drei Schritte für eine wertschätzende Haltung in stressreichen Gesprächssituationen.

Die 3 x 3er-Regel des Zuhörens

Jeder kann zuhören, die wenigsten tun es wirklich. Menschen zu begleiten und zu führen ist nur möglich, wenn man deren Gefühle, Wünsche, Erwartungen und Bedürfnisse kennt. Ein wesentlicher Schritt zu einer befriedigenden Arbeitsbeziehung besteht daher darin, MitarbeiterInnen ausreichend Raum zu geben von ihren Anliegen, ihren Ansichten und aktuellen Herausforderungen zu berichten. Manchmal kann es sehr fordernd sein, sich jeglicher Eigenbeiträge oder gar Ratschläge zu enthalten und den Redefluss des Gegenübers einfach zu zulassen. Es wird vor allem dann schwierig, wenn man selbst völlig anderer Meinung ist oder wenn man glaubt, Tipps und Hinweise geben zu müssen. 

Wenn Sie Ihre Zuhörkompetenz und damit Ihre MitarbeiterInnenführung verbessern wollen, üben Sie sich im Beachten der folgenden drei Aspekte:

3 Minuten aktiv zuhören

Schenken Sie Ihren Mitarbeitenden drei Minuten Zeit, in denen sie ohne Unterbrechung Erlebnisse, Gedanken, Gefühle, Wünsche in Worte fassen können. Hören Sie in dieser Zeit nicht nur auf die Worte, sondern beobachten Sie Körpersprache, hören Sie auf den Klang und den Rhythmus der Stimme. Das wichtigste ist oft das „nicht gesagte", sondern das „beobachtete". Versuchen Sie dabei, sich in die Erlebniswelt der Sprecherin zu versetzen. Was ist ihr besonders wichtig? Bleiben Sie dabei körperlich ganz präsent. Mit Ihrem Blickkontakt und Ihrer Körpersprache signalisieren Sie, dass Sie dem Gegenüber aufmerksam folgen. Drei Minuten sind lange und es passen viele Informationen in diesen Zeitraum. Auch wenn es Ihnen nicht möglich sein wird, die 3 Minuten vollständig wiederzugeben, so können Sie doch den Kern der Botschaft richtig erfasst haben. Am Ende lohnt daher eine kurze Fragestellung um sich zu vergewissern, ob Sie den Sprecher wirklich verstanden zu haben: "habe ich Sie richtig verstanden, dass Ihr wichtigstes Anliegen/Ihre Herausforderung, Ihre größte Sorge…". Oder Sie vertiefen den Redebeitrag durch offenen W- Fragen: wann, wie lange, wer, wo…? Dadurch können Sie besser verstehen, aber auch die Mitarbeiterin kann durch solche Fragen neue Erkenntnisse gewinnen.

3 Sekunden Pause nach einer Frage zulassen

Wenn Sie eine Frage stellen und erhalten nicht sofort eine Antwort, dann gönnen Sie dem Sprecher (und sich selbst) zumindest eine 3-sekündige Pause, in der er über eine mögliche Antwort nachdenken kann. Die wertvollsten Fragen sind zumeist nicht diejenigen, auf die schon eine vorgefertigte Antwort folgt, sondern diejenige, die ins Nachdenken bringt. Beispiel: „Was wäre aus Ihrer Sicht eine mögliche Lösung? Wie genau stellen Sie sich das vor? Wozu möchten Sie… " Lernen Sie Gesprächspausen auszuhalten und Ihr Gegenüber dabei anzusehen.

3 Ebenen des Zuhörers gezielt nutzen

  1. Die ICH-Ebene
    Sie hören die Worte „ich fühle mich überfordert, ich halte diese Umstrukturierung für eine Verschlechterung…", aber Sie sind dabei in Ihrer Gefühlswelt und sprechen das sofort aus: „Für mich ist das auch gerade schwierig. Ich habe hier gar keine Handlungsspielräume, ich löse das für mich so…". Sie steigen aus Ihrer Erlebniswelt auf den Beitrag ein. In diesem Fall haben Sie wohl zugehört, waren aber nicht in der „Welt" Ihres Mitarbeiters, Ihrer Mitarbeiterin, sondern in Ihrer eigenen.

  2. Die DU-Ebene
    Sie hören zu und begeben sich völlig in die Welt der Mitarbeiterin und versuchen zu verstehen, warum sie denkt, wie sie denkt. Sie führen durch Fragen: „Was genau überfordert Sie? Welche Erfahrungen haben Sie genau mit …gemacht? " Die Fragen führen zu einem besseren Verständnis sowohl beim Fragenden als auch beim Sprecher selbst.

  3. Die WIR-Ebene
    wenn auf der 2. Ebene der Kontakt zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden gut hergestellt ist, erst dann sollte die Kommunikation in die 3. Ebene geführt werden: „Was können wir jetzt gemeinsam tun, damit sich die Situation verbessert?

Je komplexer und schwieriger eine Situation, desto wichtiger ist es, diese drei Regeln zu beachten. Insbesondere in Stresssituationen können Sie durch dieses Vorgehen 

  • Anspannung reduzieren
  • Wertschätzung zeigen
  • zu einem vertieften Verständnis beitragen
  • Konflikten vorbeugen

Einfach, aber nicht banal

Weniger reden, mehr zuhören

Das Vorgehen erscheint einfach, ist in der Praxis aber durchaus anspruchsvoll. Es ist daher empfehlenswert, das Vorgehen in leichten Situationen (tatsächlich auch mit der Uhr im Blick) zu üben, um es unter anspruchsvolleren Bedingungen als stabiles Verhaltensmuster zur Verfügung zu haben

Viel Erfolg in der Umsetzung
Cornelia Schneider